Frankfurt (dpa) - Davide Rebellin rutschte in die Rolle des lachenden Dritten beim vermeintlichen Frankfurter Duell zwischen Jan Ullrich und Erik Zabel. Der Italiener gewann nach 208 km die 42. Austragung des deutschen Klassikers «Rund um den Henninger Turm», mit dem die Serie der großen Frühjahrs-Radrennen endete.
Der Kapitän des Gerolsteiner-Teams, seit dem Flèche Wallonne
durch einen Haarriss im Schulterblatt gehandicapt, griff 800 Meter vor dem Ziel
aus dem Hauptfeld an und verwies den favorisierten Erik Zabel (Unna), bisher
zwei Mal Sieger in Frankfurt, mit zwei Sekunden Rückstand auf den zweiten
Platz.
Auch Olympiasieger Ullrich fuhr ein starkes Rennen und kam im
Spurt des Hauptfeldes zeitgleich mit Zabel auf Platz 20 in Ziel. Rund eine
Million Zuschauer an der Strecke verfolgten das Rennen, das für Rebellin mit
dem wichtigsten Sieg seit seinem Engagement bei Gerolsteiner vor zwei Jahren
endete.
«Ich bin ganz zufrieden, als Vorjahressieger aufs Podium
gefahren zu sein. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte: Das war heute
die Situation. Aber es geht in Ordnung, dass Davide gewonnen hat - er ist ein
Riesen-Rennfahrer», sagte Zabel, sichtlich bemüht, eine freundliche Miene
trotz seines Ärgers zu zeigen. «Ich habe davon profitiert, dass sich hier alle
auf Ullrich und Zabel konzentriert haben», freute sich der kleine Rebellin.
Ullrich spielte nach seinen eindrucksvollen Comeback-Leistungen
der vergangenen Wochen beim deutschen Gipfeltreffen zwar nicht die Hauptrolle.
Der 29-jährige Olympiasieger und Coast-Kapitän, schon am Start frenetisch
gefeiert, spielte im Finale aber erneut im Konzert der Großen mit. Nach einer
zehntägigen Trainings-Phase im Anschluss an Frankfurt beginnen für Ullrich
jetzt die letzten sieben Vorbereitungs-Wochen im Hinblick auf die am 5. Juli in
Paris startende Tour. Dicht gedrängte Zuschauer-Spaliere an den Steigungen des
Taunus sorgten sogar schon ein bisschen für Tour-Atmosphäre.
Lange Zeit hatte der in Belgien beschäftigte Patrick Sinkewitz
aus Fulda (22) seine gute Form der vergangenen Wochen in einer fünfköpfigen
Spitzengruppe neben Andreas Klöden (Berlin) bestätigt. Sie wurde bei der
Verfolgung des Ausreißers Levy Leipheimer (USA) aber 77 km vor dem Ziel vom
Feld wieder gestellt. Danach bestimmten weitere Ausreißer das Rennen, wobei das
Telekom-Team meist die Regie führte. Auf die letzten drei Runden um den
Brauerei-Turm fuhr aber das Hauptfeld. Jens Heppner (Gera), im vorigen Jahr bei
Telekom aussortiert, riss zuerst aus und wurde erst sechs km vor dem Ziel
eingeholt. Dann schien alles für Zabel zu laufen - bis der 31-jährige Rebellin
seinen überraschenden Vorstoß lancierte.
Beim so prominent wie selten besetzten Henninger-Turm-Rennen
standen sich Zabel und Ullrich zum ersten Mal als Konkurrenten gegenüber. «Das
ist schon ein komisches Gefühl gegen die alten Jungs zu fahren. Wir sind zwar
jetzt Konkurrenten, aber Freunde geblieben», sagte Ullrich. «Im Rennen fahren
wir gegeneinander, aber das heißt nicht, dass wir danach nicht einen Äppelwoi
trinken können», hatte der Telekom-Kapitän, der sich in seiner zweiten Heimat
Mallorca auf das Frankfurter Rennen vorbereitet hat, die neue Situation vor dem
Rennen charakterisiert.